„Unser erstes Ziel war es, Flüchtlinge und Vertriebene zu treffen, die ihre Heimat verlassen mussten.“
Radio Vatikan
Kathspace
Die Besucher aus dem Vatikan im Irak geben sich derzeit fast die Klinke in die Hand: Der Präfekt der Missionskongregation, Kardinal Fernando Filoni, ist im Nordirak eingetroffen. Er soll den Flüchtlingen vor den IS-Terroristen die Solidarität und Nähe des Papstes ausdrücken. Derweil ist eine Delegation des Päpstlichen Hilfswerks Cor Unum gerade aus Bagdad wieder nach Rom zurückgekehrt.
Segundo Tejado Munoz ist Sekretär von Cor Unum und sagt im Interview mit Radio Vatikan: „Unser erstes Ziel war es, Flüchtlinge und Vertriebene zu treffen, die ihre Heimat verlassen mussten. Aber wir sind als Päpstliches Hilfswerk auch für Caritasarbeit zuständig. Darum haben wir die Caritas-Arbeiter dort besucht und hatten mit uns den Generalsekretär von Caritas Internationalis, Michel Roy, sowie Professor Farah von der Caritas Nahost. Auch mit den Caritas-Helfern haben wir also ausführlich gesprochen, denn oftmals sind sie ziemlich vergessen. Dabei sind sie es, die die Dinge voranbringen und die unter oft ausgesprochen schwierigen Bedingungen arbeiten!“
Es sei die Caritas Irak, die alle eingehenden Hilfen koordiniere, berichtet Tejado Munoz. Zu entscheiden, welche Flüchtlingsfamilie dringender als andere Hilfe verdiene, sei alles andere als leicht. „Es gibt Familien, die aus ihren Behausungen herausgeworfen wurden und die deswegen verbittert sind. Da entwickelt sich eine untergründige Gewalt, die dann auf einmal zum Ausbruch kommen kann. Zu den Schwierigkeiten gehört, dass die Männer nicht arbeiten können und den ganzen Tag nur herumhängen können – das ist eine sehr komplizierte Situation, in der sich viele Spannungen aufbauen. Die Helfer haben uns berichtet, wie schwierig es ist, in einer solchen Lage zu arbeiten. Uns schien es deshalb sehr, sehr wichtig, diesen Helfern vor Ort einmal die Unterstützung der Kirche zu demonstrieren, damit sie dann den Armen auch konkret helfen können und nicht nur etwas zu essen oder eine Unterkunft bereitstellen. Sie sollten auch etwas anderes bieten können: die Anwesenheit des Herrn, auch in dieser absurden und völlig ungerechten Lage.“
Die Cor-Unum-Delegation hat zunächst Erbil besucht, die Hauptstadt der nordirakischen Kurdenprovinz. Dann ging es weiter in das Dorf Duhok, wo die meisten der Christen und Angehörige anderer Minderheiten, vor allem Jesiden, aus der Ninive-Ebene leben: „Dort haben wir einige Lager besucht und einige der Projekte von Caritas Irak kennengelernt, bei welchen es vor allem um Schule und Gesundheitsstationen geht, aber auch um den Bau von Wohnungen für die Familien. Man versucht, eine gewisse Wohn-Würde zu bieten… In Erbil haben wir dann andere Camps aufgesucht, die aus Containern oder aus noch unfertigen Bauten bestehen… Ein sehr interessantes Treffen war das mit dem UNO-Repräsentanten, der uns die Lage genau erklärte. Die UNO ist sehr besorgt, weil die Gelder weniger werden und einige Projekte vielleicht Kürzungen hinnehmen müssen.“
Um den Menschen im Irak die Solidarität des Papstes auszudrücken, hat Tejado Munoz ihnen aus dem Vatikan zwei Ikonen von Maria, der „Knotenlöserin“, mitgebracht. Diese Darstellung liegt Papst Franziskus am Herzen, seit er sie als Jesuit bei einem Besuch in Augsburg gesehen hat. Wir fragten den Vatikanmann, was er von diesem Besuch im Irak für sich mitnimmt. „Ich habe schon den Krieg im Kosovo erlebt, damals war ich Direktor der albanischen Caritas; auch dort ging es darum, Flüchtlinge aus dem Kosovo aufzunehmen. Das habe ich jetzt in gewisser Weise wiedergesehen, das war dieselbe Lage. Eine Familie, die ihr Haus verlassen muss, die ihr bisheriges Leben hinter sich lassen muss, die ihre Kinder nimmt und in ein Land gehen muss, das keiner von ihnen kennt; sie wissen nicht, wie man sie aufnehmen wird – das ist wirklich ein großes Drama. Für einen Einzelnen ist das vielleicht etwas anderes, aber für eine Familie ist das etwas sehr Ernstes.“
Verbittert klingt auch der chaldäische Weihbischof von Bagdad, Shlemon Warduni:
„Sicherlich! Bereits mehrmals haben wir darauf hingewiesen, dass es eine große Verschwörung gegen die Christen im gesamten Nahen Osten gibt. Das Ziel ist eindeutig erkennbar: das Christentum hier zu vernichten. Wie ist das nur möglich? Unsere Geschichte hier ist 2000 Jahre alt. Unsere Monumente und Einrichtungen werden zu Ruinen oder sogar zerstört von Menschen, die einfach nur Barbaren sind. Sie haben kein Gewissen, keine Kultur, sie sind nichts.“
Deshalb erhofft er sich viel von dem Besuch aus dem Vatikan. Kardinal Filoni bringe nicht nur die Solidarität des Papstes, sondern müsse ein Vorbild für die Gläubigen im Westen sein, um die Christen im Nahen Osten nicht zu vergessen, so Warduni.
„Der Papst hat sehr viel für uns getan, ich denke insbesondere an seine materiellen Hilfe. Jedes Mal, wenn er uns sieht, bezeugt er seine Solidarität. Er sagte mir vor kurzem, dass er immer mit uns sei und dass wir Bischöfe mit unserem Volk sein sollten. Der Papst ist ein Geschenk Gottes und wir wissen das zu schätzen. Leider wissen wir aber nicht, wie unser Schicksal aussehen wird.“
(rv 31.03.2015 mg/sk)