Manhattan, New YorkPapst in Manhattan: Riesenlob für Ordensfrauen


„Wir sind hier im Herzen von New York – geographisch und spirituell“: So wurde Papst Franziskus an diesem Donnerstagabend (Ortszeit) in der St.-Patricks-Kathedrale von New York willkommen geheißen. Der Gast aus Rom war, von Washington kommend, gleich vom Flughafen an die Fifth Avenue in Manhattan gefahren, um in der neugotischen Kathedrale eine Vesper mit Priestern, Ordensleuten und Seminaristen zu feiern. „Danke, dass Sie vorbeigekommen sind“, sagte Kardinal Timothy Dolan in seiner Begrüßung; und er versicherte, Franziskus – der zum ersten Mal in seinem Leben in der heimlichen Welthauptstadt war – sei schon „ein offizieller New Yorker geworden“.

Zu Beginn seiner Predigt gedachte der Papst der in der Nähe von Mekka bei der islamischen Hadsch-Wallfahrt ums Leben gekommenen Pilger; er versicherte die Überlebenden und die Muslimen auf der ganzen Welt seines Gebets. Er trauere um die Toten, so der Papst.

Auch die Predigt des Papstes war von tiefem Ernst durchzogen: Die Männer und Frauen der Kirche in den USA sollten full-time an der Seite der Armen und Gebeutelten stehen, statt an ihre Freizeit zu denken, mahnte er. Und auffallend war auch, wie explizit er den US-Ordensfrauen seine „Bewunderung“ ausdrückte, stand deren Dachverband doch vor gar nicht so langer Zeit noch unter Beobachtung der vatikanischen Glaubenskongregation. „Was wäre die Kirche ohne euch?“, fragte Franziskus nun, und fuhr fort: „Starke Frauen, Kämpferinnen – mit diesem mutigen Geist, der sie an die vorderste Front der Verkündigung des Evangeliums stellt. Euch, ihr Ordensfrauen, Schwestern und Mütter dieses Volkes, möchte ich Dank sagen, ein ganz großes Danke!“ Drei Mal wurde er an dieser Stelle vom Applaus der versammelten Gemeinde unterbrochen.

Noch in Washington hatte der Papst 24 Stunden zuvor, jenseits des offiziellen Programms, die Niederlassung eines katholischen Frauenordens besucht, der gegen die Gesundheitsreform von Präsident Barack Obama geklagt hat. Und wie Vatikansprecher Federico Lombardi mitteilte, war es Franziskus darum gegangen, dem streitbaren Orden mit seinem Besuch den Rücken zu stärken. Die „Kleinen Schwestern für die Armen“ hatten sich geweigert, als kirchlicher Arbeitgeber ihren Angestellten eine Krankenversicherung anzubieten, die Kosten für künstliche Verhütungsmittel, für die „Pille danach“ und für Präparate zur Abtreibung übernimmt. Dies sieht die Gesundheitsreform von Präsident Obama vor. Ihre Klage wurde im Juli von einem Berufungsgericht abgewiesen.

 

Papst zu Missbrauch: „Große Bedrängnis“

Auch auf ein weiteres, heikles Thema der US-Kirche ging Franziskus gleich zu Beginn seiner Predigt in New York ein: auf die Missbrauchsskandale. Ihretwegen haben viele Menschen kein Vertrauen zu Priestern und Bischöfen mehr; wegen Schadenersatz-Zahlungen mussten mehrere Bistümer Bankrott anmelden. „Ich weiß, dass ihr als Priestergemeinschaft gemeinsam mit dem Volk Gottes in letzter Zeit sehr unter der Schande gelitten habt, die von vielen Mitbrüdern verursacht wurde, welche die Kirche in ihren wehrlosesten Gliedern verletzt und empört haben… Mit den Worten der Offenbarung sage des Johannes ich euch: Ich weiß, dass ihr „aus der großen Bedrängnis“ kommt (7,14). Ich begleite euch in dieser schmerzlichen und schwierigen Zeit, und zugleich danke ich Gott für den Dienst, den ihr in der Begleitung des Gottesvolkes leistet.“

Ansonsten riet der Papst den Priestern und Ordensleuten in der St.-Patricks-Kathedrale zu Freude, Fleiß und einem „Geist der Dankbarkeit“. Die Fröhlichkeit derer, die Gott liebten, ziehe andere an; Priester und geweihte Menschen sollten „ständige Freude über ihre Berufung“ in sich nähren und nach außen ausstrahlen. Dabei sollten sie aber lieber nicht in Effizienzdenken oder Aktivismus verfallen. „Es ist uns eine große Verantwortung übertragen worden, und zu Recht erwartet das Volk Gottes von uns, dass wir ihr entsprechen. Doch der wahre Wert unseres Apostolats wird daran gemessen, was er in den Augen Gottes gilt. Die Dinge aus der Perspektive Gottes zu sehen und zu beurteilen verlangt, dass wir ständig zum Anfang unserer Berufung zurückkehren und – das muss nicht eigens gesagt werden – es verlangt eine große Demut. Das Kreuz zeigt uns eine andere Weise, den Erfolg zu messen: Unsere Aufgabe ist, zu säen, und Gott sieht die Früchte unserer Mühen.“ Auch Jesu Leben sei „menschlich gesprochen“ gescheitert, und zwar am Kreuz, so Franziskus.

„Eine andere Gefahr kommt auf, wenn wir eifersüchtig auf unsere Freizeit bedacht sind. Wenn wir meinen, dass die weltlichen Annehmlichkeiten uns helfen werden, besser zu dienen. Das Problem dieser Argumentationsweise liegt darin, dass sie dem ständigen Ruf Gottes  zur Umkehr, zur Begegnung mit ihm seine Kraft nehmen kann. Nach und nach, aber unerbittlich nimmt unsere Bereitschaft zu Opfer, Verzicht und Arbeit ab. Und außerdem entfernt es uns von den Menschen, die unter materieller Armut leiden und gezwungen sind, größere Opfer zu bringen als wir.“ Doch, Erholung und innerliches „Auftanken“ seien wichtig, doch darunter dürfe nicht „die Nähe zu den Armen“ und „Ausgebeuteten“ leiden.

 

(rv 25.09.2015 sk)